Nein, ich bin nicht der Abgesandte der italienischen Mafia. Die Waldorfschule in Magdeburg hat mich gebeten, ein Pate zu sein, nicht um im Dunkeln zu munkeln, sondern um zu helfen, Licht in den Köpfen zu verbreiten.
Die Schülerin Julia Lauenroth und ihr Trupp hatten sich 2009 vorgenommen, für ihre Schule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu erringen. Sie haben mit Unterstützung von ihrer Lehrerin Frau Woitaske die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Titelverleihung durch die Landeszentrale für politische Bildung erfolgen konnte. Die Suche eines Paten gehörte dazu. Das bin ich: Hans-Jochen Tschiche, Theologe und seit 1990 Politiker.
Trotz meiner 80 Jahre bin ich gern dem Ruf gefolgt. Ich hab mich riesig gefreut, dass meine Enkel- und Urenkel-Generation dem Rassismus an ihrer Schule keinen Raum geben wollen. Er ist eine der Hauptsäulen rechtsextremer Ideologie von heute. Ich habe selbst die 12 Jahre des nationalsozialistischen Reiches erlebt. Damals überzog es ganz Europa mit Krieg.
In seinem Namen geschah eine Orgie der Unmenschlichkeit. Die Nazis haben Europa in eine Trümmerwüste verwandelt. Und sie haben Juden, Sinti und Roma, Polen und Russen zu Opfern ihres rassistischen Wahns gemacht. Am Ende des Krieges, 1945, war ich 16 Jahre alt. Da habe ich mir geschworen: So lange Du lebst, Tschiche, wirst Du alles tun, damit die braune Pest nicht noch einmal in meinem Land ausbricht.
Deshalb stand ich am 7. November 2009 auf dem Podium der Magdeburger Waldorfschule als Pate, um zu versichern, dass ich diese Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage begleiten werde. Am Vormittag fand der Elterntag statt, der von den Kindern festlich gestaltet wurde. Nach dem Essen begann die Verleihung des Titels und die Übergabe eines Schildes, das an einer sichtbaren Stelle angebracht werden soll.
So soll den Besucherinnen und Besuchern verkündet werden, hier ist eine Schule, an der die Neonazis keine Chance haben. Zum Schluss stiegen viele bunte Luftballons auf. Bunt statt braun, das ist die Waldorfschule in Magdeburg.
Hans-Jochen Tschiche, Autor, Theologe und Politiker
Die Freie Waldorfschule in Magdeburg wird 20 Jahre alt. Das ist ein Grund zum Feiern. Ich werde dabei sein und gratuliere herzlich. Im Gründungsjahr 1990 verabschiedete sich die DDR aus der Geschichte. Davor hatten wir kurze Zeit das Gefühl, Herr im eigenen Haus zu sein. Zu DDR-Zeiten waren die Schulen Teil eines Systems, das sie der ideologischen Dauerbestrahlung aussetzte. Klaglose Anpassung wurde von der Schülerschaft verlangt. Autoritär waren die pädagogischen Methoden. Die Lehrenden sendeten und die Lernenden empfingen.
Oben wurde gelehrt und unten gelernt. Preußische Tugenden feierten fröhliche Urständ, obwohl Preußen eigentlich als Paradebeispiel eines reaktionären Staatswesens galt. Fleiß, Ordnung, Sauberkeit und Disziplin standen hoch im Kurs. Die Kinder und Jugendlichen waren Objekte der Bildungs- und Erziehungsbemühungen. Die Eltern spielten in diesem Stück die Erfüllungsgehilfen der Drillgemeinschaft.
Richtig, es gab immer Ausnahmen - auch zu DDR-Zeiten, aber die Regel waren sie nicht. Mein Traum war dagegen eine Schule, in der die Schülerinnen und Schüler Partner der Lehrerschaft und der Eltern sind. Eine Schule, in der die Kreativität der Schüler gefördert, eine selbstbewusste Beteiligung und Einmischung im Unterricht möglich ist, sollte entstehen.
Eine Pädagogik der Zuwendung, der Behütung der Schwachen, der Entfaltung eigener Phantasie und die Ermutigung zum selbstbestimmten Handeln – das wäre eine Schule, in der man gut leben könnte. In der Waldorfschule verwirklichen sich viele meiner Hoffnungen. Deshalb war es kein Wunder, dass das Neue Forum, dessen Gründungsmitglied ich bin, an der Entstehung dieser Schule 1990 beteiligt war. Ich muss gestehen, dass ich an diese gute Tat meiner Freundinnen und Freunde keine Erinnerung mehr habe. Ich war in der Zeit in der Volkskammer und niemand hat mir etwas erzählt. Heute bin ich unglaublich froh, dass die Gründung gelang und bin stolz, das eine solche Schule meiner Träume mich zum Paten ihres Projektes "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" gemacht, mich zum Festredner am 17.09.2010 bestimmt und zum Fest ihres 20jährigen Bestehens eingeladen hat. Ich wünsche uns allen eine gelungene Veranstaltung.
Hans-Jochen Tschiche, Autor, Theologe
Schüler der Klassen 6 bis 11 beteiligen sich am internationalen WOW-Day. Einzeln oder in Gruppen suchen sie sich Arbeit für einen Tag und spenden den Erlös an die „Freunde der Erziehungskunst“ für Bildungs- und Sozialarbeit in Entwicklungsländern. Das stolze Ergebnis der Magdeburger Schüler liegt heute bei 2.013,00 €.
Wir sind 20 Jahre alt und haben Grund zum Feiern. Auf allen Ebenen wurde viel aufgebaut. Ehemalige Schüler und viele ehemalige Kollegen, Berater und Freunde besuchen die Festveranstaltung am Freitagabend. Den Festvortrag hält Dr. Richard Landl, Vorstand im Bund der Waldorfschulen, Grußworte gibt es für die Landeshauptstadt vom Beigeordneten für Jugend und Soziales, Hans-Werner Brüning, der die Erfolge lobt und mehr bürgerschaftlich-nachbarschaftliches Engagement einfordert. Erfrischend ist das Grußwort unseres Paten als „Schule ohne Rassismus“ Jochen Tschiche. Ein großer Projektchor aus Lehrern, Eltern und Gästen unter Leitung unserer ehemaligen Schülerin Lena Traupe sorgt neben den Darbietungen der Eurythmie- und Musiklehrer für den festlichen musikalischen Rahmen. Am Samstagmorgen kommen die Schüler in einer Monatsfeier zu Wort, ein anschließendes Spätsommerfest des Eltern-Lehrer-Kreises bringt Spaß und Begegnungsmöglichkeiten für Jung und Junggebliebene.
Am Montag, dem 20.10.2008, reisten die 26 SchülerInnen, Herr Preuschoft und ich per Bahn in Hardegsen an. Nachdem wir unsere Zimmer im Jugendgästehaus bezogen hatten, traten wir erstmals den Weg zum Schulbauernhof an, auf dem wir die folgenden zwei Wochen täglich arbeiten wollten.
Rahmenbedingungen:
Als Regionales Umweltbildungszentrum Hardegsen ist der Internationale Schulbauernhof als außerschulischer Lernort durch das niedersächsische Kultusministerium als ein Lernstandort anerkannt.