Leitbild

Die Freie Waldorfschule Magdeburg wurde im Herbst 1990 als erste freie Schule in Magdeburg gegründet. Entstanden aus den gesellschaftlichen Umbruchsimpulsen der Wendeereignisse wurde damit der Wunsch von Eltern und Lehrer:innen nach einer kindgemäßen Pädagogik noch zu DDR-Zeiten realisiert. Im August 2005 erfolgte die Gründung der Freien Waldorfschule Thale.

Die Freien Waldorfschulen Magdeburg und Thale erfüllen als Schulen in freier Trägerschaft den öffentlichen Bildungsauftrag. Unsere Schulen bieten allen Schulangehörigen einen überschaubaren Lebens- und Erfahrungsraum, in dem Kinder und Jugendliche individuelle Zuwendung, Hülle und Geborgenheit finden.

Dabei reicht unser Betreuungsangebot bis in den Nachmittag hinein, um den sich verändernden Bedürfnissen der Familien entgegen zu kommen. Wir wenden uns an alle Familien der Region Magdeburg und Thale, unabhängig von deren gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Stellung, ihrer Nationalität, religiösen und politischen Anschauungen, sofern sie die Ausrichtung der Schule an freiheitlich-demokratischen und christlichen Grundwerten anerkennen.

Die menschliche Begegnung und die Ausbildung sozialer Fähigkeiten sind ebenso wichtig, wie der individuelle Lernfortschritt jedes einzelnen Kindes. Deshalb verstehen Lehrer:innen und Eltern die Schule als Lern- und Entwicklungsgemeinschaft. Damit sich die vielen unterschiedlichen Begabungen und Neigungen der Kinder über einen langen Zeitraum ergänzen und fördern können, ist es uns wichtig, den Klassenverband über die gesamte Schulzeit zu erhalten und zu pflegen.

Es ist uns wichtig, die ursprüngliche Lern- und Lebensfreude der Kinder zu erhalten. In einer angstfreien und vertrauensvollen Atmosphäre wollen wir die Kinder bei der individuellen Entwicklung ihrer Persönlichkeit begleiten, sie fördern und fordern, so dass eine gesunde Leistungsbereitschaft entsteht. Diese befähigt die Schüler:innen bei zunehmender Eigenverantwortung zu selbstständigem Lernen. Wir sind uns bewusst, dass sich das Kind an dem orientiert, was Lehrer:innen und Erzieher:innen selbst vorleben. Wichtige Aspekte dabei sind Authentizität, Offenheit, Aufrichtigkeit, Einfühlungsvermögen, Konsequenz, Humor und die Lernfähigkeit der Erwachsenen.

Intellektuelles, Künstlerisches, Praktisches und Soziales – in altersgemäßer Ausgewogenheit vermittelt – sollen die seelische, leibliche und geistige Gesundheit fördern. Die Schulen wollen eine breite Allgemeinbildung vermitteln und die Schüler:innen zu lebenstüchtigen, handlungs- und lernfähigen Menschen erziehen. Daher werden alle Unterrichtsfächer als gleichwertig betrachtet, da erst ihr harmonisches Zusammenspiel den ganzen Menschen bildet.

Die Jahreszeugnisse geben durch ausführliche schriftliche Beurteilungen in allen Fächern über Entwicklungsstand und -potenzial der Schüler:innen Auskunft. Am Ende der zwölf- bzw. dreizehnjährigen Schulzeit können, je nach den individuellen Voraussetzungen, unserer Schüler:innen alle staatlich anerkannten Schulabschlüsse einschließlich des Abiturs erwerben.

Die geistigen Grundlagen der pädagogischen Arbeit an unseren Schulen sind die auf der Anthroposophie beruhende Menschenkunde Rudolf Steiners, deren zeitgemäße Gestaltung sowie das christlich-humanistische Menschenbild. Alle pädagogischen Mitarbeiter vertiefen ihre Kompetenzen durch eine spezifische waldorfpädagogische Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen. Unsere Schulen verstehen sich als lebendige Organismen mit Verwandlungen, Wachstum, Krisen und Höhepunkten. Alle Beteiligten bringen unterschiedliche Lebensentwürfe, Erwartungen und Erfahrungen ein. Das dadurch entstehende lebendige Spannungsfeld wollen wir als Quelle gemeinsamen Lernens und Gestaltens nutzen.

Die Freien Waldorfschulen Magdeburg und Thale basieren auf der freien Initiative von Menschen, die Kindern und Jugendlichen einen Entwicklungsraum geben wollen. Voraussetzung für die Verwirklichung dieser Initiative ist die dauerhafte Selbstverpflichtung von Eltern, Lehrer:innen und Mitarbeitenden zur aktiven Mitwirkung im Sinne dieses Leitbildes. Die Selbstverwaltung unserer Schulen ist Sinnbild dafür, dass alle, die an den Schulen mitarbeiten, ihre übernommenen Aufgaben und ihr Engagement eigenverantwortlich im Sinne der Gemeinschaft gestalten.

Dieses Leitbild wurde am 4. Juni 2009 von der Mitgliederversammlung des Vereins „Freie Waldorfschule Magdeburg e. V.“ beschlossen.Dieses Leitbild wurde am 4. Juni 2009 von der Mitgliederversammlung des Vereins „Freie Waldorfschule Magdeburg e. V.“ beschlossen.

Die „Stuttgarter Erklärung“ und das Selbstverständnis der Waldorfschulen

Im Oktober 2007 verabschiedeten die deutschen Waldorfschulen die „Stuttgarter Erklärung“. Im November 2020 wurde die Erklärung in einer überarbeiteten Fassung neu verabschiedet. Sie stellt klar, dass die Waldorfschulen sich von jeder Form der Diskriminierung, also auch von jedweder ethnisch begründeten Form der Diskriminierung, distanzieren. Sie arbeiten auf der Grundlage der anthroposophisch erweiterten Menschenerkenntnis und beziehen aus ihr eine Fülle von Gesichtspunkten, die den Respekt vor der einzigartigen Individualität eines jeden Menschen in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen.

Stuttgarter Erklärung

Waldorfschulen gegen Rassismus und Diskriminierung

Die Freien Waldorfschulen leisten bei der Wahrnehmung ihrer erzieherischen Aufgabe im Geiste der Menschenrechte einen Beitrag für eine Gesellschaft, die auf dem solidarischen Zusammenleben aller Menschen beruht.

Als Schulen ohne Auslese, Sonderung und Diskriminierung ihrer Schüler:innen sehen sie alle Menschen als frei und gleich an Würde und Rechten an, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, nationaler oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Sprache, Weltanschauung oder Religion.

Die Anthroposophie als Grundlage der Waldorfpädagogik richtet sich gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus. Die Freien Waldorfschulen sind sich bewusst, dass das Gesamtwerk Rudolf Steiners vereinzelt Formulierungen enthält, die von einer rassistisch diskriminierenden Haltung der damaligen Zeit mitgeprägt sind. Die Waldorfschulen distanzieren sich von diesen Äußerungen ausdrücklich. Sie stehen im vollständigen Widerspruch zur Grundausrichtung der Waldorfpädagogik und zum modernen Bewusstseinswandel.

Weder in der Praxis der Schulen noch in der Lehrer:innenausbildung werden rassistische oder diskriminierende Tendenzen geduldet. Die Freien Waldorfschulen verwahren sich ausdrücklich gegen jede rassistische oder nationalistische Vereinnahmung ihrer Pädagogik und von Rudolf Steiners Werk.

Aus diesem Selbstverständnis arbeiten die Freien Waldorfschulen seit ihrer Gründung 1919. Waldorfpädagogische Einrichtungen engagieren sich heute weltweit in den unterschiedlichsten kulturellen, politischen, sozialen und religiösen Kontexten.

Verabschiedet von der Mitgliederversammlung des Bundes der Freien Waldorfschulen am 20. November 2020. Eine frühere Version der Erklärung wurde am 28. Oktober 2007 in Stuttgart verabschiedet.